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Leserbrief: Sportnoten ohne Sport?

Dieser Leserbrief unseres Geschäftsführers wurde an die Allgemeine Zeitung, die Rheinzeitung und den Trierischen Volksfreund gesendet. Wir möchten Ihnen diesen Diskussionsbeitrag nicht vorenthalten:


Was man für einen Widerspruch oder vielleicht sogar für einen Witz halten könnte, ist Realität. Durch Verfügung des Ministeriums wird an den weiterführenden Schulen in der Oberstufe der Sportunterricht ausschließlich als Theorieunterricht erteilt.

Als wären unsere Oberstufenschüler nicht schon genug mit Homeschooling geplagt, kommt jetzt noch ein Theoriefach hinzu (das zugegebenermaßen teilweise als Präsenzunterricht durchgeführt wird): der Sportunterricht. Wir prüfen ausschließlich die Sporttheorie schriftlich ab und schon haben wir eine Sportnote. Ist das nicht eher eine Physik-, Chemie- oder Biologienote? Halt. Ich vergaß, dass wir Sportlehrer, ich oute mich als ein solcher, der auch noch ein Sportfunktionär ist, rückwirkend für die sportlichen Leistungen, die vor mindestens zwei Monaten erbracht wurden, eine sogenannte Epochalnote geben dürfen. Diese Note ist rechtlich kaum haltbar, weil Epochalnoten angekündigt und für die Schüler nachvollziehbar sein müssen. Wenn wir bei den Noten sind. Warum setzen wir denn die Note für das jetzt laufende Sportkurshalbjahr nicht aus? Immerhin findet in den Jahrgangsstufen 5-9 gar kein Sportunterricht statt. Es wäre doch möglich, die Note und eines anderen Halbjahres doppelt zu werten. Dies geschieht schließlich auch im regulären Schulbetrieb. Z.B. mit Schülern, die eine längere Zeit im Ausland verbracht haben. 

Aber zurück zum Sportreiben. Warum darf man, wenn alle Hygienebestimmungen erfüllt werden, nicht auf dem Sportplatz mit mittlerweile halbierten Schülergruppen Sportunterricht machen und Leistungen abprüfen?  Einige Schulen haben ihren Schülern Laufprogramme aufgegeben für die sportfreie Zeit. Warum kann ich also keinen Ausdauertest machen? Wir finden in allen Fitnessprogrammen, die wir für die Schüler empfehlen, auch Übungen zum Sprungkrafttraining. Warum kann ich denn nach einer speziellen Weitsprungvorbereitung auf einem Sportplatz dann keine Noten machen? Warum kann ich eine ausgearbeitete Choreographie, die Schüler über Videokonferenzen mit einander eingeübt haben, nicht bewerten? Wir machen mittlerweile Ausnahmen für Friseure, Gottesdienste, Möbelhäuser. Warum können wir an Schulen kreative Lösungsansätze nicht erlauben, soweit sie sich natürlich an alle geltenden Richtlinien halten? Eben diese Kreativität ist es doch, die das Ministerium bei Wegeplänen und Hygienebestimmungen einfordert.

Nun ein Wort zu den eigentlich Betroffenen. Schüler*innen, die einen Leistungskurs Sport wählen, haben wahrscheinlich ein größeres Talent für Sport als für Naturwissenschaften. Daher haben sie diese Wahl getroffen. Und genau diese bestrafen wir mit einer Theorienote, die ihren Abiturschnitt sichtlich negativ beeinflussen kann. Obwohl die Ministerin doch sagt, dass den Schülern aus dem „Coronatrauma“ kein Nachteil erwachsen darf.

Ich habe als alter und risikobehafteter Sportlehrer den Eindruck, dass meine Kolleginnen und Kollegen generell einen richtig guten Job machen. Sie haben in der Regel ja mindestens zwei Fächer. Sie kommen mit den erheblichen Zusatzbelastungen auch als Familien zurecht. Müssen wir ihnen denn noch mehr aufbürden, indem wir sie zusätzlich zur Vorbereitung und Durchführung von bewertungsrelevantem Sport-Theorieunterricht zwingen?

Auch wir Lehrer haben das Fach Sport bewusst gewählt und üben unseren Beruf meistens noch mit großer Freude am Fach und mit Begeisterung für unsere Schüler*innen aus, was wir gerne noch lange beibehalten wollen.

Peter Sikora
OStR, Geschäftsführer DSLV-RP