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Newsletter: Schwimmen als Kulturgut

Im Zuge unseres Oktober-Newsletters möchten wir Sie auf das Thema Schwimmunterricht aufmerksam machen. Die ursprüngliche Pressemitteilung des Landessportbundes, am 11.09.2020 vom Michael Heinze veröffentlicht, ist auf der Seite des Landessportbundes Rheinland-Pfalz zu finden.

Außerdem weisen wir gerne auf den dazu ausgestrahlten SWR Aktuell-Beitrag hin, welchen Sie hier finden.


„Schwimmen als Kulturgut in RLP erhalten!“

Breites Bündnis von Organisationen stellt beim LSB in Mainz Positionspapier vor

Ein breit angelegtes Bündnis aus Sport- und Rettungsorganisationen, Sportlehrerverband sowie Eltern-, Senioren-, Jugend- und Patientenvertretungen hat in einem gemeinsamen Positionspapier auf die angespannte Situation für das Erlernen und das Ausüben des Schwimmens in Rheinland-Pfalz hingewiesen. Bei der Vorstellung des Papiers im Rahmen einer Pressekonferenz beim Landessportbund Rheinland-Pfalz (LSB) in Mainz war das Medienecho gewaltig.

Der kommissarische LSB-Präsident Jochen Borchert sprach von einer PK, „die das ganze Land, die die ganzen Protagonisten des Schwimmsports herbeigesehnt haben“. Analog vor Ort, aber auch virtuell lauschten neben zahlreichen Journalisten auch Vertreter von Vereinen oder Verbänden den Aussagen der Experten. Laut Dr. Ulrich Becker, beim LSB Vizepräsident Bildung und kommissarischer Vizepräsident Sportentwicklung, ist Schwimmen zwar auf der einen Seite „eine ganz normale Sportart wie Turnen oder Leichtathletik. Aber wir sind der Meinung, es ist noch mehr“, so der Leiter des Heinrich-Heine-Gymnasiums (HHG) in Kaiserslautern. „Wir wollen gucken, wie wir Schwimmen in RLP positiv weiterentwickeln können.“ Der frühere Leistungsschwimmer und ehemalige LSB-Präsident Prof. Lutz Thieme von der Hochschule Koblenz habe den Stein damals ins Rollen gebracht. „Wir wollen hoffen, dass sich nun nach und nach eine Lawine zeigt“, sagte Becker. Nicht im Sinne der Zerstörung, sondern im positiven Sinne. Es müsse sich in breiten Bevölkerungsschichten die Erkenntnis durchsetzen, dass das Alltagsschwimmen ein kulturelles Gut ist, das jeder – ob Jung oder Alt – auch nutzen sollte.“ Egal ob im Rahmen eines Kinderschwimmkurses, einer Reha-Maßnahme oder schlicht der puren Lebensfreude wegen. Erfreulich sei, dass eine enorm große Bürgerbewegung hinter diesem Ansinnen stehe – nicht allein der Sport. „Wir werden in die Landtagsfraktionen gehen, die sportpolitischen Sprecher ansprechen“, kündigte Becker an. „Wasserflächen sind teuer und immer, wenn es ums Schwimmenlernen geht, ist auch das Bildungsministerium mit im Boot.“ Also nicht nur das Ministerium des Innern und für Sport. Schwimmen in RLP zu erhalten, sei „ein Dauerthema, dass endlich gelöst werden muss“. Der LSB-Vizepräsident wörtlich: „Zwischen den sportlichen und gesellschaftlichen Protagonisten herrscht eine große Einigkeit – mehr können wir zurzeit nicht machen.“

„Ungewöhnlich, dass sich so viele Organisationen zusammengetan haben“, urteilte Prof. Lutz Thieme, der die Kernaussagen des Positionspapiers skizzierte. „Alle sprechen miteinander.“ Wobei diese Sprache nicht laut sei. Auch wenn man nicht vom Bädersterben rede, so handele es sich „nichtsdestotrotz um ein gewichtiges Papier“, in dem man differenziere zwischen den Themen „Schwimmenlernen“, „Schwimmen ausüben“ und „Bedarfsgerechte Schwimmsportstätten“. Das Positionspapier mache diverse Vorschläge, wie das Schwimmen in RLP als Kulturgut erhalten kann – und sei auch ein politisches Papier. „Da ist die Expertise ganz vieler toller Menschen eingeflossen, die sich seit Jahren für Schwimmen in diesem Bundesland engagieren.“

Zwar habe sich der Landtag bereits vor knapp vier Jahren zur Förderung des Schwimmens bekannt, allerdings seien die beschlossenen Maßnahmen wenn überhaupt nur regional, nicht aber landesweit umgesetzt worden, so Thiemes Kritik. „Diese Maßnahmen hatten längst nicht die Wirkungen, die man sich erhofft hatte.“ Die Zeit sei nun überfällig für Maßnahmen, die dazu dienen, das Schwimmen in RLP nicht nur strukturell, sondern auch finanziell als Kulturgut zu erhalten. „Wir müssen dazu auch Wege suchen, wie wir den Kindern und Jugendlichen in Corona-Zeiten den Weg zum Schwimmen bahnen können“, so 53 Jahre alte Sportwissenschaftler. Um dies zu schaffen vor dem Hintergrund, dass Schwimmen eine freiwillige Aufgabe der Kommunen sei, dazu bedürfe es Bädern und Menschen. „Wir brauchen auf der einen Seite Menschen, auf der anderen Seite brauchen wir Infrastruktur“, machte Thieme deutlich. „Bei Finanzknappheit stehen die freiwilligen Aufgaben als erstes auf dem Prüfstand. Wir sind der Überzeugung, dass Bäder nicht nur in der Kommune verankert sein sollten, sondern dass sie auch einen überregionalen Auftrag haben.“ Wie man dies alles in Fördermechanismen, aber auch in Planungsmechanismen überführe, habe man im Positionspapier festgezurrt. „Das Ganze mündet in einen Zeitplan“, resümierte Thieme. „Bis Mitte 2022 habe wir einige ganz konkrete Umsetzungsmaßnahmen im Papier drin, von denen wir glauben, dass sie geprüft werden und Eingang finden sollten in einen Masterplan ´Schwimmen in RLP´“. Ab Mitte 2022 müsse eine erhöhte Förderung für Schwimmsportstätten in ein Gesetz gepackt werden – ins „Gut-Schwimmen-in-Rheinland-Pfalz-Gesetz“.

Zur Situation der der Sportstätten und der Finanzierung von Sanierungen meldete sich Martin Weinitschke, Geschäftsführer des Sportbundes Rheinland, zu Wort. Immer wieder werde im Bereich der Sportstätten von Kommunen „keinerlei Vorsorge für die Zukunft getroffen“. Weinitschke: „Es wird gewartet und in dem Moment, wo Sanierungsbedarf entsteht, ist kein Geld da – obwohl diese Situation vorhersehbar gewesen wäre“. Lutz Thieme liege komplett richtig mit seiner Einschätzung, „dass wir durch dieses Warten unsere Substanz verzehren“ und auch DOSB-Präsident Alfons Hörmann habe recht mit seiner Kritik, „dass wir hier auf Verschließ fahren“.

Ralf Bogler, Präsident des DLRG-Landesverbandes Rheinland-Pfalz, betonte, man befasse sich seit vielen Jahren intensiv mit der Problematik „Schwimmen in RLP“. Man habe die klare Hoffnung, künftig „mehr Wasserfläche und mehr Schwimmfläche zur Verfügung zu haben“. Die Fähigkeit zu schwimmen stelle „eine elementare Kulturtechnik dar – unter anderem in Sachen Selbstschutz und Teilhabemöglichkeit. Positiv sei, dassman 2019 im Vergleich zu 2018 deutlich mehr Jugendschwimmabzeichen habe abnehmen können. Hier gebühre Sportminister Roger Lewentz ein Dankeschön für seine Unterstützung bei der Aktion Schwimmoffensive.

Übergabe des Positionspapiers an Innen- und Sportminister Roger Lewentz

Stellvertetend für das breit angelegte Bündnis aus Sport- und Rettungsorganisationen, Sportlehrerverband sowie Eltern-, Senioren-, Jugend- und Patientenvertretungen wurde das Positionspapier durch den kommissarischen LSB-Präsident Jochen Borchert und den LSB-Vizepräsidenten Bildung Dr. Ulrich Becker im Ministerium des Innern und für Sport dem zuständigen Staatsminister Roger Lewentz übergeben. Der Innen- und Sportminister nahm das Papier stellvertretend für die Ministerpräsidentin Malu Dreyer entgegen.